Arbeitszeiterfassung

Arbeitgeber sind gemäß der Rechtsprechung des EuGH und des BAG zur systematischen Erfassung der Arbeitszeit verpflichtet.

Der EuGH hat in seiner wegweisenden Entscheidung C-55/18 (Deutsche Bank) die Bedeutung der Arbeitszeitdokumentation hervorgehoben. Gemäß Artikel 31 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union haben Arbeitnehmer das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit sowie auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten. Um diese Rechte zu schützen, müssen die Mitgliedstaaten angemessene Vorkehrungen treffen.

Der EuGH argumentiert, dass die effektive Durchsetzung dieser Rechte ohne eine objektive, verlässliche und zugängliche Arbeitszeiterfassung kaum möglich ist. Arbeitnehmer sollen in der Lage sein, ihre Arbeitszeit zu kontrollieren und Verstöße gegen Arbeitszeitvorschriften nachzuweisen. Daher obliegt es den Mitgliedstaaten, die Arbeitgeber zur Implementierung eines Systems zur Arbeitszeitdokumentation zu verpflichten.

Die EuGH-Entscheidung hat auch Auswirkungen auf das deutsche Arbeitsrecht. Das BAG hat in seinem Urteil vom 14. Mai 2019 (9 AZR 495/17) festgestellt, dass die deutsche Regelung zur Arbeitszeiterfassung, § 16 Absatz 2 Arbeitszeitgesetz (ArbZG), nicht den europarechtlichen Anforderungen entspricht. Gemäß dieser Vorschrift waren Arbeitgeber lediglich verpflichtet, Überstunden zu dokumentieren.

Das BAG entschied, dass diese Regelung gegen das Unionsrecht verstößt, da sie nicht die erforderliche Objektivität und Zuverlässigkeit bei der Arbeitszeiterfassung gewährleistet. Arbeitnehmer könnten somit ihre tatsächliche Arbeitszeit nicht ausreichend nachweisen. Das Gericht betonte die Notwendigkeit einer umfassenden Arbeitszeitdokumentation, um die Rechte der Arbeitnehmer zu schützen und eine effektive Überwachung der Arbeitszeit zu ermöglichen.

Die EuGH-Entscheidung und die darauffolgende Rechtsprechung des BAG haben erhebliche Konsequenzen für Arbeitgeber in Deutschland. Arbeitgeber sind nun verpflichtet, ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Arbeitszeitdokumentation einzuführen. Dies betrifft nicht nur Überstunden, sondern die gesamte Arbeitszeit jedes Arbeitnehmers.

Gemäß § 16 Absatz 2 ArbZG müssen Arbeitgeber nun die Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer systematisch erfassen. Dies gilt nicht nur für Überstunden, sondern für die gesamte Arbeitszeit, einschließlich der regulären Arbeitsstunden. Die Arbeitszeiterfassung muss objektiv, verlässlich und zugänglich sein, um den Arbeitnehmern die Möglichkeit zu geben, ihre Arbeitszeit zu kontrollieren und Verstöße gegen Arbeitszeitvorschriften nachzuweisen.

Die konkrete Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung obliegt den Arbeitgebern. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie die Arbeitszeit erfasst werden kann. Dazu gehören beispielsweise Stempelkarten, Zeiterfassungssysteme, elektronische Systeme oder digitale Arbeitszeitkonten. Es ist wichtig, dass das gewählte System eine lückenlose Dokumentation der Arbeitszeit ermöglicht und vor Manipulationen geschützt ist.

Darüber hinaus haben Arbeitnehmer das Recht, die erfassten Arbeitszeiten einzusehen. Arbeitgeber müssen die erfassten Arbeitszeiten für einen bestimmten Zeitraum aufbewahren und den Arbeitnehmern bei Bedarf zur Verfügung stellen. Dies dient der Transparenz und ermöglicht den Arbeitnehmern, ihre Arbeitszeiten zu überprüfen und sicherzustellen, dass sie ihre Rechte auf angemessene Arbeitszeit und Ruhepausen wahren.

Die genaue Umsetzung der Arbeitszeiterfassung kann je nach Unternehmensgröße, Branche und Art der Arbeit variieren. Es ist wichtig, dass Arbeitgeber die individuellen Gegebenheiten berücksichtigen und ein angemessenes System zur Arbeitszeiterfassung einführen. Bei der Umsetzung sollten auch datenschutzrechtliche Bestimmungen beachtet werden, um die Privatsphäre der Arbeitnehmer zu schützen.

Arbeitgeber, die gegen ihre Pflicht zur Arbeitszeiterfassung verstoßen, können rechtliche Konsequenzen wie Bußgelder oder Schadensersatzansprüche von Arbeitnehmern erwarten. Daher ist es von großer Bedeutung, dass Arbeitgeber die gesetzlichen Anforderungen zur Arbeitszeiterfassung erfüllen und sicherstellen, dass ihre Systeme den rechtlichen Vorgaben entsprechen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Arbeitgeber in Deutschland nun verpflichtet sind, die Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer systematisch zu erfassen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem Urteil des BAG und den Änderungen im ArbZG. Die Arbeitszeiterfassung muss objektiv, verlässlich und zugänglich sein, um den Arbeitnehmern ihre Rechte auf angemessene Arbeitszeit zu gewährleisten. Die konkrete Umsetzung liegt in der Verantwortung der Arbeitgeber, wobei sie die individuellen Gegebenheiten und Datenschutzbestimmungen ber

Antonia Krusch

Rechtsanwältin und Notarin Antonia Krusch ist mit Ihrer Kanzlei in Dietzenbach tätig.

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